Ein schrecklicher Unfall sorgte im vergangenen März für viel Schmerz, weit über die Grenze Berlins hinaus. Der 9. März 2024 war ein sonniger Samstagmorgen – viele Menschen waren auf den Straßen Berlins unterwegs. So auch eine Familie aus Belgien. Für sie endete ihr Besuch in der Hauptstadt jedoch in einer schrecklichen Tragödie.
Ein damals 83-jähriger Mann erfasste die belgische Frau (41) und ihr im Kinderwagen sitzendes Kind – ein Junge (4) – frontal beim Überqueren der Leipziger Straße. Nun muss sich der Rentner vor dem Berliner Amtsgericht Tiergarten verantworten. Der Prozessauftakt fand am Mittwoch, den 18. Juni um 9 Uhr statt. BERLIN LIVE war vor Ort dabei.
Berlin: Mit 89 kmh durch die 30er-Zone
Den Gerichtssaal betrat der mittlerweile 84-jährige etwas schwerfällig in einem grauen Anzug, mit Kappe, Sonnenbrille und dem Gesicht hinter einer roten Mappe versteckt. Als der Prozess mit etwas Verspätung beginnt, atmet der Angeklagte schwer. Während der Staatsanwalt Luth die Anklage vorliest, hört der Mann zu, obwohl ihm das – nach eigener Aussage direkt vor Prozessbeginn – sehr schwerfällt. Als die Vorsitzende Richterin fragt, ob er ein Hörgerät habe, verneint er.

Obwohl er vermutlich schwer hört, scheint der Rentner und Witwer den Worten des Staatsanwalts zu folgen. Als dieser erklärt, der Mann sei mit 89 Kilometern pro Stunde in einer 30-Zone unterwegs gewesen, schüttelt der Angeklagte den Kopf. Zwei Menschen sind bei diesem schweren Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Fünf wurden zum Teil schwer verletzt und befinden sich in psychologischer Behandlung.
„Es tut mir unendlich leid“
Als die Vorsitzende Richterin nach der Verlesung der Anklageschrift in Berlin den Angeklagten fragt, ob er sich dazu äußern möchte, antwortet dieser: „Ich kann nichts dazu sagen und möchte nichts dazu sagen.“ Er lässt jedoch von seinem Verteidiger Scheferling seine Stellungnahme vorlesen:
„Es ist mit Worten kaum zu beschreiben, wie sehr es mir leidtut. Meine aufrichtige Anteilnahme gilt den Angehörigen.“ Der Angeklagte kämpft kurz mit den Tränen und nickt zustimmend, während er zuhört. „Ich muss täglich daran denken, was zu einer großen Traurigkeit führt“, führt der Verteidiger im Namen seines Mandaten aus.
Dann kommt er auf den Unfall selbst zu sprechen: „An das Unfallgeschehen habe ich keine Erinnerung. Ich war auf dem Weg zum Grab meiner Frau. Meine Erinnerung setzt erst wieder ein, als ein Passant die Tür öffnete und den Autoschlüssel abzog. Es tut mir wirklich unendlich leid.“ Während des Prozesses wird der Angeklagte immer wieder abwesend, teilweise verwirrt. Eine Stunde nach Beginn beginnt er während einer Zeugenaussage plötzlich zu murmeln – dann bittet sein Verteidiger um eine Pause für den alten Mann.
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Die Schwester der Getöteten und Tante des Jungen sowie der Partner der Frau und Vater des Kleinen treten als Nebenkläger in diesem Prozess auf. Vor Gericht in Berlin erscheinen sie jedoch nicht. Ihr anwesender Anwalt erklärt, dass sie dazu nicht in der Lage seien. Der dritte Nebenkläger, einer der Verletzten, ist jedoch erschienen.
Er hätte eigentlich erst um 12 Uhr als Zeuge aussagen sollen. Aufgrund seiner Rolle als Nebenkläger und der Tatsache, dass er dem gesamten Prozess beiwohnen will, wird er jedoch als erster Zeuge vernommen. Er schildert, wie er auch heute noch unter den Konsequenzen dieses Vorfalls leidet: „Ich fühle mich nicht mehr sicher.“