Veröffentlicht inAktuelles

Berlin: 1.606 Menschen im Knast, obwohl sie nicht müssten – DAS ist der Grund

Tausende Menschen Menschen sitzen jährlich in den Justizvollzugsanstalten in Berlin. Einige von ihnen jedoch müssten nicht hier sein. Wie das?

Stacheldraht, Justizvollzugsanstalt Moabit. Credit: IMAGO/Schöning

Im Jahr 2022 waren in Berlin 8.361 Menschen in den Justizvollzugsanstalten der Stadt untergebracht. Dabei sind stehen dem Land Berlin eigentlich nur 4.203 Haftplätze zur Verfügung. Das bedeutet, dass es doppelt so viele Gefangene in der Hauptstadt gibt, als Plätze da sind.

Die meisten von ihnen sind wegen Diebstahls und Unterschlagung hier. Ganze 24 Prozent macht diese Gruppe von Gefangenen aus. Jedoch sitzen erneut viele Menschen in den Gefängnissen in Berlin, die eigentlich gar nicht hier sein müssten!

Berlin: Umstrittene Ersatzfreiheitsstrafe

Der Grund für diese Tatsache ist die sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe. Diese ermöglicht eine Gefängnisstrafe als Ersatz für nicht gezahlte Geldstrafen. Im ersten Halbjahr 2023 landeten deswegen 1.606 zu einer Geldstrafe verurteilte Menschen in Haft.

Im gesamten Vorjahr (2022) verbüßten 2.390 Menschen in Berlin eine solche Ersatzfreiheitsstrafe. In den beiden Jahren zuvor waren es im Vergleich dazu gerade einmal 1.645 (2021) und 1.418 (2020) Personen. Diese niedrigen Zahlen sind jedoch auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. In dieser Zeit war die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen für längere Zeiträume ausgesetzt.

Nimmt man an, dass die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen sich im zweiten Halbjahr 2023 wie in den ersten sechs Monaten entwickelt, kämen demnach 3.212 Menschen in Haft, die eine Geldstrafe nicht abgezahlt haben. Damit wären die Zahlen der Jahre 2018 (3.046) und 2019 (2.782) noch übertroffen werden!

Viele Schwarzfahrer unter ihnen

Das Urteil sieht in zahlreichen Fällen des Schwarzfahrens eine Geldstrafe vor. Die Anklage lautet hier: Erschleichen von Leistungen. Dennoch landen immer wieder Menschen in den Berliner Gefängnissen, die bei einer Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kein gültiges Fahrticket bei sich hatten.

Oftmals aus dem schlichten Grund, weil sie sich die verordnete Geldstrafe nicht leisten können. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres (2023) war das laut der Berliner Justizverwaltung in 317 Fällen so. Im gesamten Jahr 2022 betraf es 414 Menschen; 2018 waren es 788.


Mehr News:

Seit längerem wird darüber diskutiert, diese Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Dazu ist es allerdings noch nicht gekommen. Bei einer Verurteilung, werden die Geldstrafen vom Gericht mit Tagessätzen festgelegt, die sich am Einkommen des Betroffenen orientieren.

Bisher entsprach die Zahl der Tage, die jemand für das Nichtbezahlen einer Geldstrafe hinter Gitter musste, den Tagessätzen, zu denen er verurteilt wurde. Künftig ist es nur noch die Hälfte davon.