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Ronny aus Berlin: Darum rettet er auch Mördern das Leben

Der Job von Ronny hat es in sich. BERLIN LIVE hat dem Hauptstädter bei seiner Arbeit über die Schulter geschaut…

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© Jana Wengert / BERLIN LIVE

Sicherheit für Berlin: Polizei, Feuerwehr und Co.

Ronny H. hat an sich keinen ungewöhnlichen Job. Nur der Ort in Berlin, an dem man ihn antrifft, ist für den einen oder anderen etwas gewöhnungsbedürftig.

Der Berliner arbeitet für das Deutsche Rote Kreuz (kurz DRK) als Rettungssanitäter: Doch nicht etwa bei Veranstaltungen wie Messen oder Konzerten – sondern in den Strafgerichten der Hauptstadt. BERLIN LIVE hat den 52-Jährigen an seinem Arbeitsplatz besucht.

Berliner Ronny hat außergewöhnlichen Arbeitsplatz

Angefangen hat alles bereits im Jahr 2001. Damals war Ronny als Vertretung in den Räumlichkeiten des Kriminalgerichts Moabit eingeteilt: „Das war anfangs nicht so meins.“ Doch nach der dritten Schicht schien es Klick gemacht zu haben. Statt sich in Ministerien oder am Hauptbahnhof um das gesundheitliche Wohl der Menschen zu kümmern, konnte sich der Berliner plötzlich vorstellen, beim Gericht zu arbeiten – mit jeder Menge Straftätern um ihn herum.

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Ronny aus Berlin hat einen ungewöhnlichen Arbeitsplatz. Credit: Jana Wengert / BERLIN LIVE

Seit Januar 2018 ist Ronny tagtäglich in der DRK-Stelle anzutreffen. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht huscht der Berliner mit seinem Rucksack über den Schultern durch die Gänge, auf denen Angeklagte, Opfer, Staatsanwalt und Verteidigung auf die angekündigten Prozess-Verhandlungen warten.

Berliner Sanitäter bekommt so einiges zu Gesicht

Bei der Arbeit des Sanitäters ist – von kleineren Fällen wie die Bitte um ein Pflaster oder ein Hausmittelchen gegen Kreislaufbeschwerden bis hin zu kritischen Momenten – alles dabei. „Es gab auch schon einen Toten hier“, verriet Ronny im Gespräch mit unserer Redaktion. Besonders im Bereich der unterirdischen Gänge zur angrenzenden Justizvollzugsanstalt müsse man aufmerksam sein: „Wir haben auch manchmal Inhaftierte, die versuchen sich zu erhängen oder zu erdrosseln, um dem Prozess zu entgehen oder nicht in Haft zu kommen.“

Wer die Person ist, die vor ihm steht, oder was sie möglicherweise angestellt hat, ist Ronny egal: „Bei den Inhaftierten machen wir keine Unterschiede – die werden genauso behandelt, wie alle anderen.“ Der Mensch stehe im Vordergrund. Doch der Umgang ist nicht immer leicht. „In der ersten Zeit hab ich mir da schon einen Kopf gemacht. Warum machen Menschen das?“, gab der Rettungssanitäter offen zu. Besonders, wenn er es dann tatsächlich mit Mördern, Vergewaltigern oder anderen Gewalttätern zu tun hatte. Immerhin lernte Ronny die Menschen erstmal auf eine ganz andere Art und Weise kennen – ganz unabhängig von der vorherigen Tat.

Medikamente und Menschenkenntnis gehören dazu

Angst um seine eigene Sicherheit hat der Berliner in diesem Umfeld nicht: „Das blendet man irgendwann aus. Aber man bleibt wachsam.“ So kam es auch schon in seiner Gegenwart zu dem einen oder anderen Angriff. Glücklicherweise sind in solchen Situationen jedoch prompt Wachtmeister zur Stelle. Auch mit Lügen oder theatralischen Künsten bis zur vorgetäuschten Ohnmacht manch eines Patienten muss Ronny im Alltag rechnen.  



„Aber jeder Fall ist erstmal ernst zu nehmen – bei der Untersuchung und durch ein paar Fragen merkt man dann schnell, was wirklich Sache ist“, betonte der Rettungssanitäter. Oftmals spielt ihm dabei auch die gute Menschenkenntnis in die Karten. Medikamente kommen bei Ronny erst im absoluten Notfall zum Einsatz: „Man muss manchmal auch mit etwas Charme und Witz an die Sache herangehen und die Personen dadurch wieder runterbringen.“

Rettungskraft Ronny hat seine Berufung gefunden

Sobald Ronny seine Uniform ablegt, lässt er allerdings auch das Geschehene als Sanitäter erstmal hinter sich. Manchmal leichter gesagt als getan. „Man darf keine weiche Seele haben und alles an sich heranlassen“, erläuterte er. Insbesondere Fälle mit Kindern lassen ihn aber meist doch nicht ganz zur Ruhe kommen.


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Und rund 12 Stunden später steht der Hauptstädter dann auch schon wieder beim Kriminalgericht in der Turmstraße in Moabit auf der Matte. Voller Elan, was der neue Tag wohl mit sich bringt. Rettungskraft Ronny hat seine Berufung jedenfalls gefunden – und das kann keiner so leicht übersehen.