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Polizei als „Feindbild“: Berliner Beamte meldet sich zu Wort

Pöbeleien und Provokation gehören für zahlreiche Einsatzkräfte der Berliner Polizei zum Alltag. Jetzt meldete sich ein Beamte selbst zu Wort.

Berlin
© imago images/A. Friedrichs

SEK-Beamter packt aus: "Polizist zu sein ist kein Ponyhof"

Immer wieder kommt es in Berlin zu Angriffen auf Einsatzkräfte – ob mit Pyrotechnik zum Jahreswechsel auf Polizeibeamte oder mit massiver Körpergewalt gegen Rettungssanitäter in der Notaufnahme eines Klinikums.

An einigen Stellen scheint sich die Lage immer weiter zuzuspitzen. Der Hass aus der Bevölkerung wächst. Im Interview mit BERLIN LIVE meldete sich ein Beamter nun selbst zu Wort.

Polizeibeamter wird bei Demo in Berlin zur Zielscheibe

„Wir hatten schon immer ein Aggressionspotenzial gegen die Polizei. Die Polizei ist eben für viele der Repräsentant des Staates und Feindbild in bestimmten Situationen“, erläuterte Karsten Loest gegenüber unserer Redaktion. Der Beamte arbeitete mehrere Jahre lang für die Berliner Polizei – darunter in rund 1.000 Einsätzen als Teamführer einer Einsatzgruppe des Spezialeinsatzkommandos (SEK).

Im Laufe seiner Karriere kam es ebenfalls zu einem Angriff: Am Rande einer friedlichen Demonstration in Schöneberg warf eine Person aus dem Nichts aus der Menge heraus eine Glasflasche, die den Kopf des Familienvater traf und prompt eine Platzwunde verursachte. „Ich hab in dem Moment tatsächlich dann auch die Kontrolle verloren“, gab Karsten Loest rückblickend zu. Er hatte den Verursacher im Augenwinkel erkannt und sei ihm hinterhergestürmt.

Berliner Polizei setzt auf Vorbereitung

Oftmals sind es aber auch schon Pöbeleien oder verbale Provokation, mit denen sich die Einsatzkräfte der Berliner Polizei tagtäglich auseinandersetzen müssen. „Ich bewundere viele Kollegen, die da absolut cool und zurückhaltend reagieren“, verriet Karsten Loest. Immerhin dürfe man nicht vergessen, dass auch die Menschen in Uniform nicht komplett frei von Emotionen sind. Deshalb könne der frühere SEK-Teamführer verstehen, wenn Polizisten auch mal lauter werden, um gewisse Befehle durchsetzen zu können und die Menge zur Ruhe zu bringen.

Um die Fassung zu bewahren, werde der Nachwuchs bei der Polizei Berlin – in insgesamt 18 vollgepackten Seminartagen – vorbereitet, wie Pressesprecherin Anja Dierschke auf Nachfrage von BERLIN LIVE versichert wurde: „In drei obligatorischen Verhaltenstrainingsseminaren (Kommunikation, Konfliktbewältigung, Umgang mit Belastung und Stress) werden polizeiliche Einsatzsituationen facettenreich thematisiert und in Situationstrainings und Rollenspielen ausgewertet.“


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Die Zielsetzung bestehe darin, „die eigene Kommunikationsfähigkeit zu stärken, ein klares Rollenbild zu entwickeln und Strategien zur Konflikt- und Stressbewältigung zu erarbeiten“. Sollte es zu belastenden Einsätzen der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten kommen, stehe zur Aufarbeitung ein Team rund um den Berliner Krisendienst sowie interne Psychologinnen und Psychologen zur Verfügung.