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Brandenburg: Bosnische Familie nach vier Tagen vertrieben – gibt es „No-Go-Areas“ im Berliner Umland?

Schon wieder macht ein Fall aus Brandenburg Schlagzeilen. Eine Familie wurde aus ihrem Wohnort vertrieben. Das befeuert eine alte Diskussion.

Brandenburg Lieberose
© IMAGO/Zoonar

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Immer wieder gerät das Land Brandenburg in negative Schlagzeilen. Und immer wieder haben rassistische und rechtsextreme Einstellungen damit zu tun. Im Frühjahr wurde eine Schulklasse, die sich in Heidesee auf die Abschlussprüfungen vorbereiten wollte, von rechtsradikalen Jugendlichen bedroht und vertrieben. Zeitgleich warfen zwei Lehrer in Burg ebenfalls nach Bedrohungen das Handtuch.

Nun schockt ein neuer Fall die Öffentlichkeit. Eine bosnische Familie hatte vor den hohen Mieten in Berlin kapituliert und sich im brandenburgischen Lieberose niedergelassen. Doch ihre Zeit dort dauerte nur vier Tage, an denen sie mehrfach drangsaliert wurden. Der Fall wirft einmal mehr die Frage nach No-Go-Areas für Menschen mit Migrationshintergrund auf.

Brandenburg: Bosnische Familie vertrieben

Der Fall, den die betroffene Enisa B. und die Brandenburger Beratungsstelle „Opferperspektive“ gegenüber dem „Tagesspiegel“ schildern, klingt krass. Bereits die zweite Nacht in dem rund 30 Kilometer von Cottbus gelegenen Lieberose soll ein Alptraum gewesen sein: Ein Mann hämmerte gegen die Fenster der Erdgeschosswohnung. Er soll „Sieg heil“ und „Verschwindet von hier“ gerufen haben. Wie das Blatt berichtet, soll der Mann unter dem Spitznamen „Hitler“ bekannt sein.

Am nächsten Tag sollen mehrere Jugendliche die Tochter (12) von Enisa B. auf dem Marktplatz rassistisch beleidigt haben. Ein zur Hilfe gerufener 17 Jahre alter Cousin wurde ebenfalls beleidigt und mit einem Fahrradschloss auf den Rücken geschlagen.


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Gemeinsam mit Nachbarn, die der Familie von Enisa B. wohlgesonnen waren, verbarrikadierten sich die Verfolgten in ihrer Wohnung. Davor standen die Jugendlichen, zwei von ihnen sollen ausgesehen haben wie klassische Neonazis aus den 90er Jahren mit Bomberjacke und Springerstiefeln. Enisa B. verlässt Brandenburg zum Schutz ihrer Kinder wieder. Was bleibt sind einmal mehr Fragen nach No-Go-Areas.

No-Go-Areas in Brandenburg?

Tatsächlich sind es vor allem Betroffene, die mit ihren Geschichten faktische No-Go-Areas beschreiben. Von offizieller Seite ist man allerdings bemüht, diese nicht auszurufen. So erklärte Brandenburgs Innenministerium gegenüber BERLIN LIVE: „Im Land Brandenburg existieren selbstverständlich keine rechtsfreien Räume.“

Die Debatte um No-Go-Areas in Brandenburg wurde erstmals rund um die WM 2006 entfacht. Die Bundesregierung hatte im Vorfeld des Turniers Touristen vor ausländerfeindlichen Gegenden in Brandenburg und anderen Teilen Ostdeutschlands gewarnt.

Wie kann man No-Go-Areas verhindern?

Rassismus-Forscher Karim Fereidooni erklärte gegenüber BERLIN LIVE, dass es eine Bankrotterklärung für die Demokratie sei, wenn No-Go-Areas ausgerufen werden. So würden „Menschen of Color, deren Heimat Brandenburg ist, nicht nur von den Rechten bekämpft zu werden, sondern von der Öffentlichkeit das Gefühl vermittelt zu bekommen, ‚ihr seid selbst schuld an den Angriffen, weil ihr nicht wegzieht!'“


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Dennoch finde er die Debatte wichtig, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Er fordert Finanzielle Unterstützung für Migranten-Selbstorganisation und Demokratie-Netzwerke. Sowie ein Fortbildung für Lehrer im Bereich Rechtsextremismus und Rassismus. Politiker müssten sich klar nach Rechts abgrenzen. Und auch die Gesellschaft als Ganzes nimmt er in die Pflicht: „Es wurde zu lange weggeschaut, das darf nicht wieder passieren.“