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Dilettanten-Koalition: Darum gab’s „totales Chaos“ bei Kanzlerwahl

Stundenlange Ratlosigkeit im Bundestag! Rund um die Kanzlerwahl brach plötzlich Chaos aus. Wie konnte das passieren?

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Stundenlang war am Dienstag unklar, was nun im Bundestag passiert. Nachdem Friedrich Merz im ersten Wahlgang der Kanzlerwahl durchfiel, herrschte Chaos. Schwarz-Rot beriet sich stundenlang, schien völlig ratlos. Wie konnte das sein?

Hauptstadt-Insider decken auf, dass die Spitzen der schwarz-roten Koalition um Merz, Jens Spahn und Lars Klingbeil offenbar unvorbereitet in diesen Tag gingen. Und das, obwohl man nur ein kleines Polster hatte.

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„Null auf diesen Fall vorbereitet“

Schwarz-Rot hat insgesamt 328 Abgeordnete im Bundestag. 316 Stimmen brauchte Merz mindestens bei der Kanzlerwahl. Aber scheinbar ignorierte man im Vorfeld die theoretische Möglichkeit, dass mehr als 12 schwarz-rote Abgeordnete dem CDU-Chef einen Denkzettel verpassen könnten.

„Bemerkenswert, wie wenig die Fraktionen darauf vorbereitet waren, dass die Kanzlerwahl im ersten Wahlgang scheitert“, schreibt ARD-Hauptkorrespondent Gabor Halasz auf X. Seine Kollegin Karina Mößbauer, Chefreporterin von „The Pioneer“, sieht das ebenso. „Das Hin und Her um den zweiten Wahlgang zeigt, dass die Union null auf diesen Fall vorbereitet war. In den vergangenen Stunden wurde daher das Grundgesetz und die Geschäftsordnung des Bundestages nochmal durchforstet, um die konkreten Regeln zu finden.“

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Erst hieß es, dass eine erneute Kanzlerwahl am selben Tag nicht möglich ist. Die Rede war zunächst von einer Sitzung am Freitag, dann durch eine Fristverkürzung von einer Wahl am Mittwoch und plötzlich wurde doch ein zweiter Durchgang am Dienstagnachmittag verkündet. Angelika Hellemann, Politikchefin der „Bild am Sonntag“ erklärt dazu im Podcast von Paul Ronzheimer: „Dann kam das totale Chaos. Niemand konnte mehr sagen, wer kann denn überhaupt beschließen, dass es einen neuen Wahlgang gibt, wie viele Leute müssen zustimmen.“ Es habe „keinerlei Vorbereitungen auf das Szenario B“ gegeben. Die Union orderte zunächst eine Rechtsauskunft aus der Bundestagsverwaltung an.

Kanzlerwahl-Debakel: Klöckner spielt es herunter

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner spielt das Durcheinander am Mittwochabend in der ARD-Talkshow von Sandra Maischberger herunter. Demokratie bestehe nun mal aus Prozessen und Regeln – und das sei auch gut so. „In einer Diktatur würde das nicht passieren, da würde einer eine Ansage machen“, so Klöckner.


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Tatsächlich aber hatte Merz es vor allem seinem neuen Innenminister Alexander Dobrindt zu verdanken, dass er noch am Dienstag mit Verspätung gewählt wurde. Der CSU-Mann Dobrindt kontaktierte, trotz Unvereinbarkeitsbeschluss der Union, die Spitze der Linkspartei. Für eine Änderung der Geschäftsordnung brauchte Schwarz-Rot eine Zweidrittelmehrheit. So einigten sich Union, SPD, Grüne und Linke darauf, eine erneute Kanzlerwahl noch am Dienstag auf die Tagesordnung zu setzen. Im zweiten Anlauf klappte es dann für Merz.