Eigentlich sollte die russische Sängerin Anna Netrebko bereits am Montag (21. Juli) zum Abschluss des Classic Open Airs auf dem Berliner Gendarmenmarkt auftreten. Doch eine amtliche Unwetterwarnung machte dem Veranstalter einen Strich durch die Rechnung.
Das Konzert wurde auf Dienstag verschoben. Doch auch zum Ersatztermin blieb es in Berlin nicht trocken – und auch die eigentlich für Montag angedachten Demonstrationen begleiteten das Konzert von Anna Netrebko.
Anna Netrebko in Berlin: Gewitter und Protest vor dem Konzert
An allen drei Eingängen des Classic Open Airs auf dem Gendarmenmarkt hatten sich am Dienstagabend gegen 18 Uhr Demonstranten versammelt, um gegen den Auftritt von Anna Netrebko zu demonstrieren. Unter anderem hatte der Verein Vitsche, der sich für die Freiheit der Ukraine einsetzt, zu den Demonstrationen aufgerufen. Vor allem die Gruppe an der Kreuzung Jägerstraße/Markgrafenstraße hatte großen Zulauf. Insgesamt waren gegen 18.30 Uhr insgesamt rund 200 Menschen an den drei Demo-Punkten.
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Zahlreiche Demonstrantinnen und Demonstranten waren in ukrainische Fahnen gehüllt, riefen: „Keine Bühne für Putin-Unterstützer“ oder „Keine Bühne für Putins Propaganda“. Der Verein wirft der Sängerin eine Nähe zum russischen Diktator vor, führte dafür bereits im Vorfeld an, dass Netrebko im Jahr 2012 zur Wahl Putins aufrief und auch ihrem 50. Geburtstag im Jahr 2021 im Kreml im Beisein des russischen Machthabers feierte.
Scharfe Kritik an Anna Netrebko
Eine Rednerin erklärte auf der Demonstration in Berlin über ein Megafon: „Anna Netrebko hat schon lange ihre Wahl getroffen – und das ist die Unterstützung der russischen Aggression“. Netrebko hatte nach dem offenen Beginn des russischen Krieges in der Ukraine erst spät reagiert und den Krieg verurteilt. Eine Distanzierung von Putin selbst erfolgte nie.
Wladislawa Worobjowa vom Verein Vitsche erklärte am Rande der Demonstration gegenüber BERLIN LIVE: „Während die Stimmen der Ukrainerinnen und Ukrainer zum schweigen gebracht werden, erklingen auf der Bühne ungehindert die Stimmen einer Putin-Unterstützerin. Jeder Applaus für Anna Netrebko ist ein Applaus für Russlands Krieg gegen die Ukraine.“ Solidarität dürfte nicht nur dann gezeigt werden, wenn es gerade bequem ist.
Konzertbesucher haben wenig Verständnis
Die lautstarken Proteste sorgten bei einigen Passanten für Zustimmung, bei vielen Konzert-Besuchern hingegen teilweise für Ablehnung. Eine ältere Frau hatte sich der Demonstration zwischenzeitlich mit einem Schild mit der Aufschrift „Danke für russische Kultur“ genähert. Eine andere Frau diskutierte mit den anwesenden Polizisten, ob diese Demonstration tatsächlich sein müsse.
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Andere Konzertbesucher äußerten ihre Sorge, dass der Protest das Konzert stören könnte. Das hat die Polizei aber eigentlich mit Auflagen abgesichert. Denn während des Konzerts darf der Protest nicht lautstark stattfinden. Sprechchöre waren nur vor dem Konzert und in der Pause zugelassen.
Während die ersten Besucher auf den Gendarmenmarkt strömten, zog ein heftiger, aber kurzer Regenschauer über Berlin hinweg, auch Donner waren zu hören. Es sollte nicht der letzte Regenschauer an dem Abend gewesen sein.
Die Demonstration verflüchtigte sich nach dem Beginn des Konzertes. Noch vor der Pause hatten die Veranstalter die Demonstration für beendet erklärt.