Die einen fressen nur Pferd, die anderen nur Lamm. Schaut man sich im Freundes- und Bekanntenkreis um, fällt in den vergangenen Jahren vor allem eines auf: Kaum ein Hund wird noch mit herkömmlichen Trocken- oder Nassfutter aus Rind oder Geflügel gefüttert. Fragt man die Herrchen warum, kommt meist die gleiche Antwort: „Er hat Allergien.“
Doch was steckt hinter der Entwicklung wirklich? Eine neue Eigenart von Hundebesitzern in Berlin oder doch ein waschechtes Problem? BERLIN LIVE hat mit einem Experten gesprochen.
Hunde in Berlin leiden immer häufiger
Johannes Bielig ist Trainer und Ernährungsberater für Hunde in Berlin-Friedrichshain. Durch seine Arbeit in der Hundeschule Wolf Spirit hat er einen breiten Blick auf den gesundheitlichen Zustand vieler Hunde. Bei Ernährungstest konnte er dabei Erschreckendes feststellen: „Tatsächlich war in diesem Jahr bislang nur ein einziger Hund dabei, bei dem keine Auffälligkeiten vorlagen.“
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Dieser Eindruck „wird auch durch verschiedene Studien und Erfahrungsberichte aus der tierärztlichen Praxis bestätigt. In den letzten zehn Jahren wird von einem Anstieg der Futtermittelallergien um rund 30 Prozent berichtet“, so Bielig. Die Auslöser sind dabei sehr vielfältig. Einerseits leiden Rassehunde häufig an „genetischer Verarmung“, doch auch Umweltfaktoren wie eine „zunehmende Schadstoffbelastung, Pestizide und andere Umweltgifte beeinflussen die Gesundheit zunehmend negativ.“
Als Hauptfaktor sieht Bielig allerdings die Qualität des Futters. „Rund 85 Prozent des Hundefutters auf dem deutschen Markt stammt aus industrieller Massenproduktion und besteht größtenteils aus hochverarbeiteten Produkten.“ Die Studienlage hierzu sei mittlerweile erdrückend, erklärt der Ernährungsexperte.
Das steckt wirklich in herkömmlichen Futter
Denn das Futter enthalte häufig minderwertige tierische Nebenprodukte wie Knochenmehl, Federn, Krallen oder Schlachtabfälle, die unter hoher Hitze und Druck zu Pellets verarbeitet werden. Natürliche Nährstoffe werden so denaturiert, „was nicht nur die Bioverfügbarkeit mindert, sondern auch die Entstehung von Unverträglichkeiten und Allergien begünstigt.“ Besonders Trockenfutter stehe deshalb stark in der Kritik, aber auch bei der Produktion von Nassfutter werden wichtige Vitamine und Enzyme zerstört. Die Hunde erhalten also auch damit oft nur unzureichend Nährstoffe.
Die Vierbeiner können dadurch unterschiedlichste chronische Erkrankungen bekommen. Allergien machen sich dabei laut Bielig durch oft nur durch unspezifische Symptome bemerkbar. Sie reichen von roten, entzündeten Stellen auf der Haut bis hin zu Ohrenentzünden, aber auch Appetitlosigkeit, weicher Stuhlgang und Reizbarkeit können ein Indiz sein. Sie sollten deshalb ernährungsphysiologisch abgeklärt werden, rät der Berliner Hunde-Experte.
Hunde in Berlin: Tierärzte wissen oft keinen Rat
Vom Gang zum herkömmlichen Tierarzt rät Bielig bei solchen Problemen aber ab. Zwar gäbe es eine Reihe von Bluttests, die die meisten Mediziner anbieten, doch diese seien „aus wissenschaftlicher Sicht nicht valide und liefern oft unzuverlässige Ergebnisse.“ Das bestätigt auch Dr. Ursula von Einem vom Bundesverband der Praktizierenden Tierärzte. Gegenüber BERLIN LIVE erklärt sie: „Die Bluttests sind tatsächlich umstritten.“
Besser seien hingegen Ausschlussdiäten und anschließende Provokationstests. „Dies gilt als Goldstandard“, bekräftigt auch Hunde-Experte Johannes Bielig. Dabei werden Hunde für mehrere Wochen ausschließlich mit einer Protein- und Kohlenhydratquelle gefüttert, die sie vorher noch nie erhalten haben, erklärt er. „Danach werden schrittweise weitere Bestandteile hinzugefügt, um mögliche Auslöser zu identifizieren.“ Wer das bei seinem Tier einmal ausprobieren möchte, sollte das allerdings im besten Fall nur mit professioneller Begleitung machen. „Fehler in der Umsetzung können leicht zu falschen Ergebnissen oder Mangelerscheinungen führen.“
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Dafür gibt es zum Beispiel spezielle Ernährungsberater oder auch Ärzte mit einer Zusatzausbildung. Wichtig hierbei: Tierarzt ist nicht gleich Tierarzt. Bielig erklärt: „Im Tiermedizinstudium wird das Thema Ernährung von Hunden und Katzen nur sehr oberflächlich behandelt – häufig gerade einmal an wenigen Tagen.“ Bei der Suche nach einem passenden Begleiter für die Ausschlussdiät sollte man daher auf eine Spezifikation für Ernährungsphysiologie achten. Allerdings gibt es auch Online-Seminare, die teils kostenlos sind. Wer bei seinem Hund ähnliche Symptome beobachtet, kann sich auch hier Hilfe suchen, um für ein langes und vor allem gesundes Leben zu sorgen.