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Letzte Generation: Klima-Kleber steht vor Gericht – doch es kommt ein ganz anderer zu Wort

Die Letzte Generation klebte im Oktober 2022 auf der Berliner Autobahn. Im Stau stand auch ein Rettungswagen. Nun startete der Prozess.

Berlin
© IMAGO/Emmanuele Contini

Letzte Generation: Was ihre Ziele sind und wer dahinter steckt

Das Festkleben auf Straßen, beschädigte Luxusläden oder ein beschmiertes Brandenburger Tor. Von den Aktionen der "Letzten Generation" hat sicher jeder schon einmal gehört. Doch wer sind die Leute dahinter und was sind ihre Ziele?

Es ist ein Fall, der weit über die Landesgrenze Berlins hohe Wellen schlug: Am 31. Oktober 2022 hatten sich Klima-Aktivisten der Letzten Generation auf der Stadtautobahn festgeklebt. Zeitgleich ereignete sich auf der Bundesallee in der Hauptstadt ein Unfall, bei dem eine Radfahrerin von einem Betonmischer erfasst wurde und kurz darauf ihren Verletzungen erlag.

Lange Zeit wurde darüber spekuliert, ob man das Leben der Frau hätte retten können, wenn die alarmierten Rettungskräfte nicht durch den Stau der Straßenblockade verhindert gewesen wären. Am Dienstag (7. November) musste sich einer der beteiligten Klima-Kleber nun vor dem Berliner Gericht verantworten – beim Auftakt des Prozesses kam allerdings eine ganz andere Person zu Wort.

Letzte Generation: Aktivist tritt vor den Richter

Pünktlich um 9.15 Uhr betrat Winfried L. an der Seite seines Anwalts Dr. Lukas Theune den Gerichtssaal in der Berliner Kirchstraße. Und der gelernte Drucker aus Freiburg im Breisgau durfte sich sogar über Unterstützung aus dem Zuschauerbereich freuen: Es waren auch zwei Klima-Kollegen anwesend – einfach an ihrer Kleidung mit den auffällig orangenen Farbspritzern zu erkennen.

Zu Wort kam der 64-jährige Angeklagte allerdings nicht. Stattdessen ergriff vorerst jemand anderes das Wort – und zwar der Staatsanwalt. Rund eine halbe Stunde dauerte es an, bis die Anklageschrift des betreffenden Klima-Klebers verlesen war. Darunter zum Teil längere Blockaden mit Schadenssummen von bis zu 30.000 Euro, aber auch kurzzeitige Klebe-Aktionen mit weniger Aktivisten. Auch nach dem schockierenden Vorfall mit der verstorbenen Radfahrerin schien sich L. munter im gesamten Berliner Stadtgebiet auf die Straße zu kleben.

Anwalt von Klima-Kleber: „Hätte man sich sparen können“

Um es kurz zu fassen: Winfried L. muss sich wegen Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verantworten. Zu einem Urteil kam es an diesem Tag allerdings nicht. Laut seines Verteidigers sei das zum jetzigen Zeitpunkt aber auch gar nicht möglich gewesen – immerhin sei dem Angeklagten nicht die vollständige Akteneinsicht gewährt worden, wodurch er die Taten auch nicht erklären könne. Die Schlussfolgerung: Die Hauptverhandlung wurde nach der Verlesung des Staatsanwalts vorerst auf den 14. November vertagt.

„Es ist schon so, dass die Staatsanwaltschaft sehr konfus agiert hat, weil sie sehr viele Anklagen gemacht hat. Normalerweise werden ja in einer Anklage die verschiedenen Fälle dargestellt“, erklärte Rechtsanwalt Theune anschließend gegenüber BERLIN LIVE. Doch der Jurist ist sich sicher, dass dieses Vorgehen dem politischen Druck geschuldet sei: „Dadurch wird es einfach wahnsinnig unübersichtlich. Das hätte man sich sparen können.“

Letzte Generation: Mitglieder halten zusammen

Seinem Mandanten Winfried L. steht er aber weiterhin bei. „Wir klären das jetzt von Fall zu Fall auf. Es müssen ja besondere Feststellungen getroffen werden, wie beispielsweise die Art und das Ausmaß“, stellte Theune klar. Dabei versicherte er zudem, dass der angeklagte Klima-Kleber beim nächsten Prozesstag auch selbst das Wort ergreifen werde.


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Sein Aktivisten-Kumpane Julian, der zur Verhandlung vor Ort war, zeigte sich jedenfalls positiv gestimmt. „Wir haben in den letzten Wochen einiges an Freisprüchen gehabt, aber auch Haftstrafen. Die Justiz ist in diesem Fall wohl noch sehr unentschlossen“, betonte der 19-jährige Student gegenüber BERLIN LIVE. Bleibt also weiter abzuwarten, wie sich in diesem Fall am Ende entschieden wird.