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Berlin: Polizei bekommt Bodycams – Opposition spricht von „Aushöhlung der Grundrechte“

Was in anderen Staaten bereits Pflicht ist, soll auch in Berlin kommen: Bodycams für die Polizei. Doch der Vorschlag wird massiv kritisiert.

Polizei
© IMAGO/Funke Foto Services

Sicherheit für Berlin: Polizei, Feuerwehr und Co.

Sie sollen in Berlin für Sicherheit sorgen: Polizei, Feuerwehr und Co. Bei der Berliner Polizei sind derzeit über 27.000 Bedienstete beschäftigt. Jeden Tag gehen über den Notruf 110 in der Einsatzleitzentrale 3.700 Anrufe ein. Das sind 1,34 Millionen Anrufe im Jahr.

Seit Ende April ist das Tragen einer Bodycam für Polizisten in NRW Pflicht. Hintergrund war „ein Polizeieinsatz in Dortmund(,der) aus dem Ruder lief“, berichtet der „WDR.“ Damals wurde ein Mann erschossen – und bis heute ist unklar, wie das passieren konnte.

Auch die CDU- und SPD-geführte Regierung in Berlin möchte die diesbezüglichen Kompetenzen der Polizei ausweiten. Auch die Feuerwehr und das Ordnungsamt soll mit Bodycams ausgestattet werden. Doch es hagelt Kritik von vielen Seiten. Der Vorwurf: Die geplanten Regelungen seien verfassungswidrig und eine massive Einschränkung der Grundrechte. Eine Überarbeitung des Gesetzesentwurfs wird gefordert. Doch was steckt dahinter?

Berlin: Probleme bei Einführung von Bodycams

Die Einführung der Bodycams ist „Teil eines schwarz-roten Sicherheitspaketes, das in Teilen noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll“, berichtet der „Tagesspiegel“. Allerdings spricht sich sowohl die Opposition als auch die Landesdatenschutzbeauftragte, Meike Kamp, gegen die Verabschiedung in der derzeitigen Form aus. Dabei ist die Rede von „gravierenden Mängeln.“


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Das betrifft insbesondere die Nutzung der Aufnahmen aus Privatwohnungen. Laut Kamp können diese für die Strafverfolgung nur genutzt werden, wenn ein richterlicher Beschluss vorliegt. Sie sagte gegenüber dem „Tagesspiegel“: „Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein Grundrecht, jedwede Überwachung durch die Staatsgewalt benötigt zumindest nachträglich eine Gerichtsentscheidung.“

In konkreten Fällen solle diese Entscheidung nun aber den Datenschutzbeauftragten der einzelnen Institutionen in die Hände gelegt werden. Doch diese haben laut Kamp keinerlei Ermächtigung und Qualifikation, um solche Entscheidungen zu treffen. Sie seien nicht die richtige Kontrollinstanz dafür.

„Eine Aushöhlung der Grundrechte“

Gleichzeitig soll mit dem Gesetz „das sogenannte Pre-Recording ausgeweitet werden. Damit könnten bis zu 60 Sekunden Videomaterial gespeichert werden, noch bevor die Bodycam ausgelöst wird. Das sei nicht verfassungsgemäß und deshalb habe sogar Bayern mit seinen weitreichenden Polizeigesetzen darauf verzichtet“, zitiert der „rbb“ die Landesdatenschutzbeauftragte nach der Anhörung im Innenausschuss am Montag (13. November).

Die Grünen stimmen dieser Einschätzung zu. Der Experte für Inneres, Vasili Franco, bezeichnet das Gesetz „als gefährlichen Schnellschuss.“ Er sagt weiter: „Ohne Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse riskiert die Koalition ein verfassungswidriges Gesetz. Schwarz-Rot verkündet mehr Sicherheit, liefert jedoch eine Aushöhlung von Grundrechte.“ Er fordert eine Berücksichtigung der Kritik in der weiteren Überarbeitung des Gesetzes.


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Auch die Linke solidarisiert sich. Niklas Schrader, der Sprecher für Innen- und Drogenpolitik, macht gegenüber dem „Tagesspiegel“ darauf aufmerksam, dass die Datenschutzbeauftragte zeige, „dass CDU und SPD sich mit vielen verfassungsrechtlichen Problemen nicht einmal ernsthaft auseinandergesetzt haben.“ 


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Einzig die Gewerkschaft der Polizei spricht sich für den geplanten Einsatz der Bodycams aus: „genau mit der jetzt angedachten Gesetzesgrundlage“, so Landeschef Stephan Weh. Für ihn überwiegen vor allem die Vorteile. Einerseits könnten Beamte durch die Einführung besser vor Attacken geschützt werden. Andererseits könnten die Beamten Opfern häuslicher Gewalt durch die zusätzlichen Beweisaufnahmen besser helfen.

Wie mit den verschiedenen Expertenmeinungen zum Polizeigesetz nun weiter verfahren wird, ist noch unklar.