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Winter in Berlin: Eine Nacht mit dem Kältebus unterwegs – von Köpenick bis Spandau

Der Berliner Kältebus kann Menschenleben retten – besonders in den eisigen Wintermonaten. BERLIN LIVE hat das Team eine Nacht begleitet.

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© BERLIN LIVE / Wengert

Das ist die Berliner Kältehilfe

Gerade im Winter sind Obdachlose durch die eisige Kälte besonders gefährdet. Die Berliner Kältehilfe ist für Betroffene da, um sie vor Schlimmerem zu bewahren.

Der Berliner Winter kann durchaus ungemütlich sein. Nicht nur graue Tage, sondern auch eisige Nächte gehören zur kalten Jahreszeit in der Hauptstadt. Ein Glück, wenn man sich am Abend nach einem heißen Bad in sein warmes Bett kuscheln kann – für zahlreiche Menschen in der Metropole an der Spree bleibt das allerdings ein Traum.

Sie haben nämlich kein Dach über dem Kopf. Ihr Zuhause ist die Straße. Oftmals sind diese Menschen bereits so von ihrem Schicksal gezeichnet, dass sie es nicht mal mehr in eine der Notunterkünfte schaffen. Ihre letzte Rettung: Der Kältebus der Berliner Stadtmission. BERLIN LIVE hat die ehrenamtlichen Helfer eine Nacht lang auf den Berliner Straßen begleitet.

Berliner Kältebus beschert erholsame Nacht im Warmen

Gegen 20 Uhr brechen Mary (24) und Franzi (30) mit der Schicht des Kältebus 3 an der Notübernachtung Lehrter Straße in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofs auf. Im Gepäck des XXL-Kältebusses: zwei Kannen heißes Wasser für Tee und Suppen, Weihnachtsplätzchen, ein paar Decken, Schlafsäcke – und Robert. Der Rolli-Fahrer ist obdachlos, kann aber unmöglich mit seinem Gefährt in der nicht barrierefreien Unterkunft in Berlin-Mitte übernachten.

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Robert wünscht sich einen Schlafplatz – doch nicht alle Notunterkünfte sind barrierefrei. Das Kältebus-Team bringt ihn deshalb zu einer geeigneten Einrichtung. Credit: BERLIN LIVE / Wengert

Die beiden ehrenamtlichen Helferinnen verfrachten ihn kurzerhand im Kältebus und fahren ihn zur Notübernachtung am Containerbahnhof, wo in dieser Nacht seit langem wieder ein Bett auf ihn wartet. Ist der Rollstuhlfahrer untergebracht, wartet prompt der nächste Auftrag auf die beiden Frauen – dank einer Meldung der Berliner Polizei.

Berliner Notunterkünfte sind komplett ausgelastet

Obwohl die Temperaturen in dieser Nacht bei 9 Grad Celsius liegen, möchte wohl niemand unter dem Sternenhimmel schlafen. So wäre es allerdings einem Mann auf dem Supermarkt-Parkplatz in Köpenick ergangen, wenn die Beamten nicht den Kältebus verständigt hätten: „Ihm ist sehr kalt und er wünscht sich einen Platz in der Notunterkunft.“ Mary und Franzi geben ihr Bestes, um dem hilfsbedürftigen Herrn diesen Wunsch zu erfüllen – dafür telefonieren sie bereits auf dem Weg zu ihm sämtliche Einrichtungen ab, um einen freien Schlafplatz zu klären.

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Mary und Franzi sind ehrenamtliche Helfer der Berliner Stadtmission. Mit dem Kältebus sind sie auf den Straßen der Hauptstadt unterwegs. Credit: BERLIN LIVE / Wengert

Und das ist aufgrund der mangelnden Kapazität in der Hauptstadt gar nicht so einfach. Das Kubus in Berlin-Kreuzberg – unweit des gehobenen Estrel-Hotels – setzt der Suche ein Ende. Hier darf der Obdachlose mit polnischen Wurzeln glücklicherweise die Nacht verbringen. Während er auf der Fahrt von Köpenick nach Kreuzberg bereits immer wieder im Kältebus einnickt, realisiert er erst vor Ort, welches Glück ihm die beiden Ehrenamtlichen beschert haben. Mit einem überglücklichen „Dankeschön“ und zufriedenem Lächeln verabschiedet er sich an seinem Schlafplatz.

Nicht jede Person möchte Hilfe annehmen

Für Mary und Franzi ist hingegen noch lange nicht Feierabend. Mit offenen Augen fahren sie durch die Berliner Bezirke – immer auf der Suche nach Menschen, die auf ihre Hilfe angewiesen sind. Plötzlich meldet eine Anwohnerin eine Person im Hausflur. Der Mann soll sich dort ungebeten ein Schlaflager eingerichtet haben. Ein Hausverbot kann das Kältebus-Duo nicht aussprechen – dem Obdachlosen die Fahrt zu einem Schlafplatz oder einen warmen Tee anbieten hingegen schon.

Was jedoch auch häufiger vorkommt: Der Mann lehnt jede Hilfe ab. Ohne einen Kommentar packt er sein Hab und Gut zusammen, verlässt das Haus und zieht weiter. Wo er stattdessen heute unterkommen wird, ist fraglich, doch die beiden Frauen müssen seine Entscheidung akzeptieren.

Berliner Polizei kontaktiert den Kältebus

Kurz vor Mitternacht trudelt erneut eine Meldung der Polizei ein. Ein junger Mann wurde in Spandau seiner Wohnung verwiesen und benötigt einen Schlafplatz. Ein solcher „Rausschmiss“ passiert nicht ohne Grund mitten in der Nacht – das wissen auch Mary und Franzi. Oftmals ist in solchen Fällen Gewalt im Spiel. Den Auftrag abzulehnen kommt für das Team trotzdem nicht in Frage.


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Gerade Personen, die zum ersten Mal aus heiterem Himmel auf der Straße landen, sind auf Hilfe angewiesen. Beim Eintreffen des Kältebusses ist der Betroffene allerdings nicht mehr auffindbar. Bleibt nur zu hoffen, dass er sich inzwischen selbst einen Platz zur Übernachtung klären konnte.

Berliner Kältebus-Duo arbeitet ehrenamtlich

Mit 132 Kilometern mehr auf dem Buckel treten Mary und Franzi kurz vor 1 Uhr mit dem Kältebus dann die Rückfahrt zur Lehrter Straße an. Erneut ein ereignisreicher Abend, der prägende Bilder hinterlässt. Entlohnt werden die beiden Frauen für ihre Arbeit nicht – doch die dankbaren Gesten der hilfsbedürftigen Menschen sind ohnehin unbezahlbar.

Wenn auch Du eine obdachlose und hilfsbedürftige Person in Berlin antriffst, die sich einen Schlafplatz, eine Decke oder einfach nur eine warme Mahlzeit wünscht – dann kontaktiere bitte den Berliner Kältebus unter: 030 690 333 690.

Mit der Kältehilfe-App kannst du alle entsprechenden Einrichtungen in der Nähe der angetroffenen Person sogar selbst auschecken.