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Berlin und der Krieg in Israel und Gaza: Gewalt an Schulen – „Dann haben wir ein Problem“

Der Krieg in Israel zieht seine Kreise bis nach Berlin! Schüler sehen sich mit dem Konflikt konfrontiert und tragen ihn auf dem Schulhof aus.

Polizisten vor einer Schule in Berlin Neukölln.
© picture alliance/dpa

Präventions-Arbeiter: “Dieses Thema fliegt den Lehrern um die Ohren”

Der Krieg in Israel und Gaza zieht seine Kreise über die ganze Welt, auch bis nach Berlin. Spätestens seit dem 7. Oktober, dem Tag des Überfalls der Hamas auf Israel, bekommen auch die Berliner den Nahost-Konflikt, der längst in einen Krieg übergegangen ist, immer wieder zu spüren. Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Berlin ist so hoch wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr: Davidsterne an Türen gesprüht und der Brandanschlag auf eine Synagoge in Mitte erinnerte viele an ein dunkles Kapitel der Geschichte dieser Stadt. Doch nicht nur die Erwachsenen beschäftigt dieser Konflikt zusehends. Auch Kinder und Jugendliche sind vor den Folgen nicht gefeit. In Israel und Gaza, aber auch in Berlin!

Berlin und der Krieg in Israel: Neukölln wird erneut zum Brennpunkt

Nur zwei Tage nach Beginn des Krieges ereignete sich an einer Schule in Neukölln das erste von mehreren Ereignissen, die mit diesem in Verbindung gebracht werden können. Ein Schüler war mit einer Palästina-Flagge um die Schultern auf den Schulhof unterwegs, als ein Lehrer den Jugendlichen dazu aufforderte, die Fahne wegzupacken. Daraufhin kam es zum Streit zwischen den beiden, bei dem sogar Fäuste flogen und die Berliner Polizei anrücken musste.


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Gerade in Berlin-Neukölln leben viele Menschen mit arabischen Wurzeln. Die meisten von ihnen stellen sich in diesem Konflikt klar auf die Seite der Palästinenser. Sie sind traurig und wütend. Das spiegelt sich auch in den zahlreichen pro-palästinensischen Demonstrationen und Versammlungen rund um die Sonnenallee wider. Die Gegend ist zum regelmäßigen Treffpunkt für die Protestierenden geworden. Nicht selten endeten diese Versammlungen in gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Der Nahost-Konflikt in Berliner Schulen

Die Emotionen der pro-palästinensischen Erwachsenen finden sich auch bei deren Kindern in den Schulen Neuköllns wieder. Sie sehen die schrecklichen Bilder in den Sozialen Medien, spüren das Leid ihrer Mitmenschen in Bezug auf diesen Konflikt. Manche von ihnen bringen den Antisemitismus der ihnen zu Hause, auf der Straße oder im Netz begegnet mit auf den Schulhof.

Genau an diesem Punkt setzt die Arbeit von Jouanna Hassoun und Shai Hoffmann an. Die Deutsch-Palästinenserin und der deutsche Jude gehen gemeinsam an Schulen in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Dort sprechen sie mit Schülern und Lehrern über den Krieg in Israel und Gaza. Ihre Absicht ist es, diese Emotionen aufzugreifen, ihnen einen Raum zu geben und in den Dialog mit den jungen Menschen zu gehen.

„Das sind keine knallharten Antisemiten oder Rassisten“

„Natürlich ist das für uns ein Riesenthema, wenn erstens Antisemitismus an der Tagesordnung steht aber auch antimuslimischer Rassismus“, sagt Jouanna Hassoun gegenüber BERLIN LIVE. Neben antisemitischen Aussagen und Angriffen mehren sich seit dem 7. Oktober auch die antimuslimischen Vorfälle in Berlin.

Nachdem es auf pro-palästinensischen Demos immer wieder zu Gewalt gekommen war, wurden solche Demos von der Polizei für eine Weile verboten. Das nahm vielen die Möglichkeit, ihre Solidarität mit Palästina zu bekunden. „Wenn junge Menschen das Gefühl haben, sich nicht mehr äußern zu können, sich nicht mit ihren palästinensischen Geschwistern solidarisieren zu können, natürlich friedlich, dann haben wir ein Problem. Weil wir leben hier in einer demokratischen Gesellschaft“, so Hassoun weiter.


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Auch für ihren Kollegen Shai Hoffmann sind diese Verbote der falsche Ansatz, um mit der Problematik umzugehen: „Das Demonstrationsrecht ist Teil unserer Demokratie, unseres Grundgesetzes.“ Das gelte auch für das Verbot der Kufiyas – dem traditionellen Palästinensertuch – an Berlins Schulen. „Das ist auch ein Teil der Identität“, fügt Jouanna hinzu „und es hat nicht immer eine politische Ideologie.“ Genau wie die palästinensische Flagge dürfe das Tuch nicht verboten werden. „Die palästinensische Identität gehört mit den 45.000 Palästinenser:innen, die in Berlin leben, ganz klar dazu.“

Den Jugendlichen zuhören, sie ernst nehmen und in den Dialog mit ihnen gehen seien die wichtigsten Vorgehensweisen, um mit dieser aufgeheizten Stimmung an Berlins Schulen umzugehen. „Das sind keine knallharten Antisemiten oder Rassisten, das sind einfach junge Menschen, die ihren Schmerz äußern wollen“, so Jouanna Hassoun weiter. Es sei die Aufgabe der Lehrer und Erwachsenen, die Jugendlichen aufzufangen.