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Man sieht sie in der ganzen Stadt – dieser Berliner steckt hinter der Parallelwelt

Sie sitzen auf einem Schild, lehnen am Regenrohr oder betrachten die Straße – „Little People“ in Berlin. Was steckt dahinter?

Berlin
© Imago / Dirk Sattler; Privat

Berlin: Das ist Deutschlands Hauptstadt

Wer durch die Straßen Berlins läuft, versinkt schnell im Trubel der Großstadt – zahlreiche Menschen, viel Verkehr sowie unterschiedlichste Gerüche und Geräusche.

Doch wer aufmerksam durch die Hauptstadt geht, dem dürften sie längst aufgefallen sein: die „Little People“ – kleine weiße Figuren an sämtlichen Ecken, auf Schildern oder an Gebäuden. BERLIN LIVE hat den Künstler dahinter ausfindig gemacht. Wie er auf die Idee kam und was es damit auf sich hat.

Berliner Künstler schafft kleine Welt in Großstadt

„Die Figuren sollen ein zweites Leben implizieren, von dem wir nur am Rande etwas mitbekommen. Dabei geht es um den Perspektivwechsel von Erwachsenen zu Kindern“, verriet der Berliner, dessen Identität geheim bleiben soll, gegenüber unserer Redaktion. Der Nachwuchs sei viel eher bereit, sich in solche Welten zu stürzen. „Sie sehen diese Figuren und beginnen sofort, zu träumen und sich eine Geschichte auszudenken“, erläuterte der Künstler.

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Auf seinem Social Media Kanal „Little People jpg“ dokumentiert der Hauptstädter das Projekt: „Bei dem Namen habe ich mich durch die Geschichte 1Q84 von Haruki Murakami inspirieren lassen, in der die sogenannten ‚Little People‘ vorkommen – das sind kleine Figuren, Menschen, Gnome, die von der Allgemeinbevölkerung nicht gesehen werden. Gleichzeitig ist es aber auch eine Beschreibung der Figuren, die ich verteile – ‚kleine Menschen‘. Das JPG fand ich lustig, weil ich Fotos von den ‚Little People‘ mache.“

Erwachsene „betrachten Umgebung nicht mehr genau“

Mittlerweile sind schon 152 Exemplare der handelsüblichen Architektur-Modellfiguren im Maßstab 1:50 in der Stadt zu finden. Der Beweis wird anschließend nummeriert und mit Datum versehen auf dem Profil des Berliners hochgeladen. Übrigens eine „Nebenbei-Aktivität“, während der Künstler hauptberuflich als Kellner arbeitet. Beim Anbringen der Figuren ist allerdings Vorsicht geboten – denn er achte auf drei wichtige Punkte.

Berlin
Eine der „Little People JPG“-Figuren in Berlin. Credit: Privat

„Die Figuren sind in einer Höhe angebracht, in der sie von Erwachsenen leicht entdeckt werden könnten. Gründe, weshalb sie diese nicht finden, sind einerseits, dass die Figuren zu klein sind, andererseits betrachten Erwachsene ihre Umgebung nicht mehr genau genug“, stellte der anonyme Creator klar. Außerdem möchte der Berliner auch die Vorstellungskraft anregen – nicht ohne Grund heißt es in der Profilbeschreibung: „A small world existing parallel to ours“. Zu deutsch heißt das so viel wie: „eine kleine Welt existiert neben unserer eigenen“.

Berliner will Menschen dank Kunst kurz inne halten lassen

„Die Figuren haben durch ihre Form und Platzierung eine betrachtende Funktion. Nicht wir sehen sie, sondern sie sehen uns“, betonte der Berliner. Mit seiner Kunst möchte er gezielt Menschen dazu animieren, ihre Umwelt wieder bewusster wahrzunehmen: „Vielleicht halten sie für einen kurzen Moment inne und freuen sich, eine meiner Figuren gefunden zu haben. Wie ein Osterei!“ Sie einfach mitzunehmen oder zu entsorgen, sei allerdings nicht Sinn der Sache: „Sie sind für alle da!“

Trotzdem hagelt es auch Kritik in Form von Kommentaren zu möglicher Sachbeschädigung. „Gemäß § 303 StGB Absatz 2 werden nur diejenigen bestraft, die das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändern. Ich würde meine Kunst unter ‚unerheblich und vorübergehend‘ einordnen“, konterte der Künstler auf Nachfrage unserer Redaktion. Doch auch möglichen Vorschlägen zu besseren Klebe-Alternativen als dem „UHU Alleskleber extra tropffrei“ schenke er wenig Beachtung: „Was ich an diesem Kleber aber so mag, ist, dass er nicht so flüssig, sondern etwas perlartig ist.“


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Seine rund 31.000 Follower auf Instagram dürfen sich künftig also auf noch viele weitere Videos freuen. Und dann gibt es da noch eine Sache, die der Künstler gegenüber BERLIN LIVE ankündigte: „Ich sitze gerade an einer kleinen Auflage von Figuren, die ich demnächst zum Verkauf anbieten werde. Ansonsten werde ich weiterhin fröhlich Figuren platzieren!“

Vielleicht also das nächste Mal einfach mit offenen Augen durch die Spree-Metropole schlendern – und wer weiß, vielleicht wohnt ja direkt bei dir um die Ecke schon der nächste „kleine Mensch“ aus weißem Plastik.