Für viele Deutsche ist Mallorca das perfekte Urlaubsparadies. Doch hinter den Kulissen wächst der Unmut. Denn immer mehr Menschen auf der Insel fühlen sich von den Schattenseiten des boomenden Tourismus überrollt – unbezahlbare Mieten, überfüllte Strände, Umweltprobleme und eine Infrastruktur am Limit.
Am Sonntagabend (15. Juni) entlud sich dieser Frust in einem kraftvollen Protest mitten in der Inselhauptstadt. Unter dem Motto „Menys turisme, més vida“ – „Weniger Tourismus, mehr Leben“ forderten Tausende ein radikales Umdenken. Unsere Redaktion war vor Ort.
Mallorca: Tausende demonstrieren gegen Massentourismus
Ab 18 Uhr füllten sich die Straßen in Palmas Altstadt. Der Demonstrationszug setzte sich vom Plaça d’Espanya in Bewegung, zog durch zentrale Straßen der Stadt und endete am Paseo del Born. Genau dort wollten die Veranstalter ihr Manifest verlesen. Mehr als 90 Organisationen hatten zu dem Protest aufgerufen, darunter Umweltverbände wie der GOB, Gewerkschaften und soziale Initiativen.
Und die Themenpalette war breit: Neben der Kritik am Massentourismus machten viele Teilnehmende auf weitere Missstände aufmerksam. Plakate mit der Aufschrift „Wohnraum für Einheimische statt Ferienapartments“ prangerten die Wohnungsnot an. Aktivisten in grünen T-Shirts protestierten gegen Kürzungen beim Katalanisch-Unterricht, andere zeigten palästinensische Flaggen aus Solidarität mit Gaza.

Das fordern die Mallorquiner von der Regierung
Im Zentrum der Kritik steht ein Tourismusmodell, das vielen Mallorquinern nicht länger als zukunftsfähig erscheint. Zwar bringt der Tourismus enorme Einnahmen, doch vom versprochenen Wohlstand kommt bei der Bevölkerung kaum etwas an, so der Tenor vieler Protestierender. Die Immobilienpreise explodieren, immer mehr Wohnungen werden zu Ferienunterkünften umgewandelt – und Einheimische werden verdrängt.
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Im verlesenen Manifest heißt es: „Dieses System macht nur die Reichen reicher und zerstört unser soziales Gefüge.“ Die Demonstrierenden fordern eine Tourismus-Politik mit klaren Obergrenzen, mehr Wohnraum für Einheimische und konkrete Maßnahmen gegen Umweltzerstörung.
Wasser auf Mallorca wird knapper
Auch der ökologische Preis des Massentourismus war ein zentrales Thema. Die Strände seien vielerorts überfüllt oder gar privatisiert, das Meer zunehmend verschmutzt. Zudem steuert die Insel auf eine ernste Wasserkrise zu. Viele Brunnen seien bereits erschöpft, der Bedarf durch Tourismus und Hotels kaum noch zu decken. Eine dramatische Entwicklung – insbesondere für die Landwirtschaft auf der Insel.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Inselbewohner laut werden. Bereits im letzten Jahr sowie im April dieses Jahres gingen Tausende auf die Straße. Vor allem junge Menschen bestimmten auch bei der aktuellen Demonstration das Bild, viele mit selbst gemalten Schildern, auf denen stand: „Es reicht! Dein Urlaub, meine Sorgen“, „Touristen geht nach Hause“ oder „Unsere Insel hat genug“.
Während in Deutschland viele gerade ihren Sommerurlaub auf Mallorca planen, kämpft die Insel um ihre Identität. Die Botschaft der Demonstrierenden ist klar: Mallorca will keine reine Urlaubskulisse mehr sein. Die Menschen wollen bezahlbaren Wohnraum, intakte Natur und ein soziales Miteinander – keine Verdrängung und Umweltzerstörung im Namen des Tourismus. Ob die Politik auf diese Proteste reagiert, bleibt offen. Doch eines ist sicher: Die Insel hat gesprochen – und sie will gehört werden.