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Brandenburgs erster Cannabis-Club startet – „Ich hoffe, es wird wie in Holland“

In Brandenburg hat der erste Cannabis Club eröffnet. Doch ohne einen wichtigen Schritt bekommt man hier kein einziges Gramm.

© IMAGO/Bihlmayerfotografie

Das neue Cannabisgesetz: das musst du wissen

Das ist das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis beschlossen.

Der 1. April 2024 ist ein Tag, der für viele in die Geschichte eingegangen ist. Denn seitdem ist der Konsum von Cannabis in Deutschland legal. Das soll nicht nur den Schwarzmarkt ausdörren, sondern den Konsum gleichzeitig auch sicherer machen, so der Plan der ehemaligen Ampelregierung. Dafür wird das Cannabis in lizenzierten Vereinen unter strengen Auflagen angebaut und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben an die Mitglieder ausgegeben.

Doch wie genau läuft das ab? BERLIN LIVE war bei der ersten Ausgabe im Brandenburger Green Social Club dabei und hat sich das einmal genauer angesehen.

Brandenburg: Erster Club öffnet seine Türen

Es ist ein unscheinbarer Treppenaufgang in einem Industriekomplex in Oranienburg (Brandenburg). In einem langen Gang säumen sich weiße, schlichte Türen. Manche gehören zu Arztpraxen, andere gehören zu Reinigungsdienstleistern. Doch schon der Geruch verrät, hier werden auch noch ganz andere Dinge als Reinigungsmittel gelagert. Am Ende des Ganges dann ein großes Banner mit der Aufschrift „Green Social Club“.


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Am Eröffnungstag Mitte Mai ist kurz vor der Ausgabe des ersten legalen Cannabis des Vereins, ja sogar des Bundeslandes, noch wenig los. Doch das ändert sich schnell. Die ersten Mitglieder sind ab 15 Uhr bestellt – und schon ab 14.50 Uhr bildet sich eine kleine Schlange vor dem Eingang.

Unter ihnen sind ausschließlich Männer. Von Konsumenten in dunklen Hoodies und Jogginghosen, die gerade so ihren 18. Geburtstag hinter haben, ist allerdings keine Spur. Stattdessen ist das durchschnittliche Mitglied der Warteschlange zwischen 35 und 50 Jahre alt. Pressesprecherin Andrea wundert das nicht. Gegenüber BERLIN LIVE erklärt sie: „Wir haben Mitglieder zwischen 18 und 77 Jahren. Der Durchschnitt bewegt sich aber tatsächlich zwischen 40 und 60 Jahren.“ Darunter seien alle Berufsgruppen, zum Beispiel auch Juristen, betont sie.

Verein sieht hohes Sicherheitsrisiko

Und dann geht es auch schon los. Eigentlich sollte das erste Mitglied, das in dem Brandenburger Verein Cannabis bekommt, ein ganz Besonderes sein, erklärt Vorstandsvorsitzender Chris Schmidt. Doch der Mann – ein Schmerzpatient, der Cannabis als Medizin für seine Beschwerden nutzt – sei an dem Tag in so schlechter körperlicher Verfassung gewesen, „dass er nicht aus dem Bett aufstehen konnte“.

An seine Stelle rückt deshalb Oliver. Als es los geht, muss er als erstes im Nebenzimmer seinen Personalausweis vorzeigen. Nachdem dieser mit der Mitgliederliste abgeglichen wurde, erhält er seinen Mitgliedsausweis. Mit dem geht es dann weiter zum kleinen Tresen in dem spärlich eingerichteten Raum, der an das Vorzimmer einer Arztpraxis erinnert. „Wir sind kein Geschäft mit Laufkundschaft“, erklärt Pressesprecherin Andrea. „Sondern wir haben eine Terminschaltung dahinter. Wir haben keinen riesigen Bestand, sondern nur die Sorten vor Ort, die vorbestellt wurden.“

Das liege auch am Sicherheitsrisiko. Denn der Club will Kriminellen keine Vorlage für Diebstähle bieten. Deshalb ist die Adresse der Abgabestelle nur Mitgliedern bekannt und auch auf großflächige Beschilderung im Außenbereich wird verzichtet.

Brandenburg: Prozess ähnelt einer Online-Bestellung wie bei Amazon & Co.

Am Tresen angekommen, bekommt Oliver, was er zuvor online bestellt hat. In seinem Fall sind das drei verschiedene Sorten über jeweils fünf Gramm. Nachdem er unterschrieben hat, dass er die Bestellung entgegen genommen hat, wird er zur Kasse gebeten. Denn die Mitglieder des Brandenburger Green Social Clubs haben die Möglichkeit, entweder im Rahmen des Bestellprozesses online zu zahlen „oder vor Ort mit EC-Karte.“ Neben der Kosten für die Bestellung müssen die Mitglieder zusätzlich eine Mitgliedschaftsgebühr in Höhe von 120 Euro jährlich zahlen. Hinzu kommt eine Aufnahmegebühr von 150 Euro, erklärt die Pressesprecherin.

„Als eingetragener Verein haben wir aber keine Gewinnausrichtung, sondern alles was an Mitgliedsbeiträgen reinkommt, geht in die entsprechenden Anlagen, die benötigt werden. Das Cannabis wird anschließend zum Selbstkostenpreis verkauft.“

„Ich hoffe, es wird wie in Holland“

Oliver entscheidet sich für die Zahlung vor Ort – und packt anschließend freudestrahlend seine drei kleinen Dosen in seinen Rucksack. Über beide Backen grinsend sagt er: „Ich bin sehr happy, dass erste legale Gras in der Hand zu haben. Ich warte seit fast 30 Jahren auf die Legalisierung und es haut mir fast die Tränen in die Augen, dass es jetzt endlich freigegeben wurde.“

Den ersten Konsum habe er also schon lange hinter sich, erklärt er. Doch ab jetzt auch sauberes, ungestrecktes Cannabis rauchen zu können, freut ihn sehr. Denn er habe schon in den Niederlanden gesehen, wie angenehm der lockere Umgang mit den grünen Blüten sein kann. Er hofft deshalb, „dass es hier wie in Holland wird.“


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Besonders in puncto gesellschaftlicher Stigmatisierung. Im Gespräch erklärt er, dass er nicht verstehe, dass Cannabis im Vergleich zu Alkohol so einen schlechten Ruf genieße. Allerdings glaube er, dass sich das bald ändern wird. „Lass mal ein zwei Generationen vergehen, dann wird es hoffentlich zur Normalität.“ Ob das klappt, bleibt offen. Der Wunsch aus der Cannabis-Community ist allerdings deutlich.

Der Konsum von Drogen ist enorm gefährlich, er kann abhängig machen und der Gesundheit massiv schaden. Wenn du für dich oder eine Person in deinem Umfeld Hilfe benötigst, wirst du unter anderem bei der Notfall-Hotline der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung fündig: 01806 313031 (kostenpflichtig: 0,20 € pro Anruf aus dem Festnetz und aus dem Mobilfunknetz).